Die Urheberrechtsreform ist beschlossene Sache. Für die Verbraucher bringt sie viele Veränderungen mit sich. Verbände fürchten Verunsicherung. Kopierfähige Geräte könnten teurer werden. Die Musikindustrie erwägt sogar eine Verfassungsbeschwerde.
Von Matthias Kremp
Mit großer Mehrheit hat der Bundestag für eine Neuregelung des Urheberrechts gestimmt. Damit stehen Wissenschaftlern, Künstlern, vor allem aber den Verbrauchern einige deutliche Änderungen ins Haus. Für Otto-Normaluser am wichtigsten: Die Privatkopie bleibt weiterhin legal. Allerdings nur dann, wenn man sie anfertigen kann, ohne dafür einen "wirksamen" Kopierschutz umgehen zu müssen. Wie ein solcher Kopierschutz aussehen muss und woran man ihn erkennen kann, lässt das Gesetz freilich offen.
Ebenfalls offen ist, woran man "offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlagen" erkennen soll, von denen man künftig per Gesetz kein Kopien mehr anfertigen darf. Das kann beispielsweise Musikdownloads aus dem Internet betreffen. War es bisher nur verboten, illegal kopierte Musik online anzubieten, so kann man künftig auch für das Herunterladen bestraft werden.
Gescheitert ist die von Justizministerin Brigitte Zypries geplante Bagatellregelung für Nutzer von Tauschbörsen. Deshalb können nunmehr auch als "Gelegenheitskopierer" strafrechtlich belangt werden, der sich in kleinen Mengen etwa aus Tauschbörsen bedienen. Bisher erschöpften sich die Möglichkeiten der Rechteinhaber auf zivilrechtliche Verfahren, also beispielsweise auf die Forderung von Schadenersatzzahlungen.
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Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (VZBV) kritisiert nun, "dass gelegentliche Privatkopierer auch nach dem neuen Gesetz mit gewerblichen Kopierern in einen Topf geworfen werden." Zudem fürchtet der Verband, dass die Verbraucher durch die Neuregelung des Urheberrechts "weitgehend ohne Rechte bleiben."
Überdies fordert der VZBV rechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von Kopierschutzsystemen zu schaffen, weil "die Nutzung von Kopierschutzsystemen, insbesondere DRM-Systemen, mit zahllosen Problemen verbunden" sei, so VZVB-Vorstand Patrick von Braunmühl.
Geräte könnten teurer werden
Ein weiterer Punkt, der direkt die Verbraucher betrifft, ist die Änderung der sogenannten Geräteabgabe. Diese Abgabe wurde geschaffen, um Rechteinhaber pauschal für Kopien ihrer Werke zu entlohnen, die mit technischen Geräten angefertigt werden. Bisher wurden nur Faxgeräte, Kopierer, Scanner sowie CD- und DVD-Brenner mit dieser Abgabe belegt. Künftig soll sie jedoch für alle Geräte gelten, die geeignet sind, Kopien urheberrechtlich geschützter Werke anzufertigen. Dazu könnten beispielsweise Drucker und PCs zählen.
Der Verband der Telekommunikations-Dienstleister VATM warnt, das Gesetz könnte "hohe Abgaben vor allem auf Handys, PDAs oder Digitalkameras" nach sich ziehen. "Wer jetzt Handys per Gesetz mit Kopierern gleichsetzt, verfehlt das Ziel, die Verwerter- und Nutzerrechte an das digitale Zeitalter anzupassen", sagte VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Er fürchtet, durch höhere Abgaben auf IT- und Hightech-Geräte könnte der Technologieaufschwung gebremst werden.
Anzeige Dazu könnte auch beitragen, dass der Modus geändert wurde, nach dem die Höhe dieser Abgabe festgelegt wird. Bisher wurde sie per Gesetz definiert. Künftig sollen Gerätehersteller und die Verwertungsgesellschaften die Abgabesätze untereinander aushandeln. Die ursprünglich vorgesehene Festlegung einer Obergrenze in Höhe von fünf Prozent des Verkaufspreises wurde verworfen. Der IT-Branchenverband Bitkom fürchtet nun, Drucker könnten sich um 10 bis 300 Euro verteuern, Multifunktionsgeräte mit integriertem Farbdrucker sogar um mindestens 76,70 Euro.
Auch für die Rechteinhaber wird sich mit dem neuen Gesetz einiges ändern. Eine der interessantesten Neuerungen: Sollten sich nach Erstellung eines Werkes neue technische Möglichkeiten für dessen Vertrieb ergeben, muss der Rechteinhaber von den Verwertern seiner Werke über eine geplante Nutzung der neue Vertriebswege informiert werden. Der Rechteinhaber hat dann drei Monate Zeit, zu wiedersprechen. Bleibt der Widerspruch aus, dürfen die Werke uneingeschränkt genutzt werden. Dem Rechteinhaber ist dafür eine "angemessene Vergütung" zu zahlen.
Diese Vergütungen werden werden nur über Verwertungsgesellschaften wie die GEMA ausgeschüttet. Einzelkämpfer haben hier keine Chance.
Der Musikwirtschaft hingegen geht die Novelle noch nicht weit genug. Der Vorsitzende der deutschen Phonoverbände, Haentjes, bezeichnete das neue Gesetz als Rückschritt für die gesamte Kreativwirtschaft. Der Gesetzgeber habe eine wichtige Chance verpasst, den Schutz geistigen Eigentums an die radikal veränderten Rahmenbedingungen in der digitalen Welt anzupassen, sagte Hantje. Zudem verstoße das neue Urheberrecht gegen Artikel 14 des Grundgesetzes, der das Eigentum schützt. Der Phonoverband prüft nun sogar, Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz einzulegen.