Das Ziel war so nah, der Gipfel aber letztlich unerreichbar: Deutschland unterliegt im Finale von Wien Spanien mit 0:1 (0:1) und muss den Traum vom vierten EM-Titel nach 1972, 1980 und 1996 begraben. Die Iberer hingegen feiern dank Fernando Torres (33.) den größten Triumph seit 44 Jahren.
Michael Ballack, der nach der Niederlage minutenlang konsterniert in den Wiener Abendhimmel blickte, resümierte das Finale: "Es ist immer enttäuschend, wenn man ein Finale verliert. Hinten raus hat uns einfach die Kraft gefehlt. Wenn man alles zusammen betrachtet, hat sich die Mannschaft aber gut verkauft", so der Kapitän.
Bundestrainer Joachim Löw sah die Pleite mit einem lachenden und einem weinenden Auge: "Der Sieg für Spanien geht absolut in Ordnung. Wir müssen das Spiel jetzt verdauen und die Qualität unseres Gegners anerkennen. Ich hatte aber kein Druckgefühl für das Finale, mir hat es Spaß und Freude bereitet, auch wenn ich natürlich enttäuscht bin."
Jens Lehmann hingegen war maßlos enttäuscht: "Wir stehen jetzt leider auf der Seite, die nichts zu feiern hat. Die Enttäuschung wird sicherlich noch lange nachhängen, bei mir ganz besonders, weil es für mich wohl die letzte EM war. Der Konjunktiv ist eben der Feind des Verlierers, wenn man sich sein Leben lang nachsagt, dass man etwas hätte besser machen können", sagte der Keeper.
Der Torschütze des Siegtreffers rang nach dem Triumph um Worte: "Wir hätten das nie geglaubt. Ich freue mich riesig. Es ist überwältigend. Das ganze Turnier war super und ich denke, dass wir die beste Mannschaft waren. Wir haben unseren Platz in Europa endgültig gefunden."
1. Halbzeit
Die Deutschen eröffneten das Finale mit viel Biss. In der 4. Minute war Miroslav Klose hellwach, als Sergio Ramos den Ball zu Carles Puyol weiterleiten wollte. Klose fing den Ball kurz vor dem Strafraum ab, legte ihn sich dann aber einen Tick zu weit vor.
Nach zehn furiosen Minuten der Elf von Trainer Joachim Löw gewann die "Furia Roja" (Rote Bestie) die Oberhand. In der 15. Minute kamen die Spanier zu ihrer ersten Torchance. Xavi passte im Strafraum zu Andres Iniesta, Christoph Metzelder hielt den Fuß dazwischen und lenkte den Ball auf das eigene Tor. Jens Lehmann warf sich mit aller Kraft dazwischen und verhinderte Schlimmeres.
Acht Minuten später lupfte Cesc Fabregas die Kugel in Richtung Torres. Der Stürmer schraubte sich höher als Per Mertesacker und hämmerte den Ball per Kopf an den linken Pfosten.
In der 33. Minute riss die Glückssträhne der Deutschen endgültig. Philipp Lahm nahm einen Zweikampf mit Torres gar nicht erst auf und war allenfalls interessierter Zuschauer, wie Lehmann aus seinem Kasten kam. Torres hatte die Situation längst durchschaut, setzte zu einem kraftvollen Sprint an und hob das Leder zur 1:0-Führung über Lehmann hinweg ins Tor.
Zu keinem Zeitpunkt konnten die Deutschen das Mittelfeld der Iberer unter Kontrolle halten. Besonders Mertesacker wirkte gegen Torres geradewegs behäbig. In der Offensive war Lukas Podolski annähernd ein Totalausfall.
2. Halbzeit
Nach der Pause wechselte Löw den unglücklichen Lahm aus. Für den am Fuß verletzten Münchner kam Marcell Jansen in die Partie und sorgte auf der linken Seite immer wieder für helle Momente.
Nach einem schnellen Start der Spanier in die zweite Hälfte, spielten sich die Deutschen ein visuelles Übergewicht heraus. Binnen weniger Minuten entwickelten sich zwei hochkarätige Chancen für die DFB-Elf. Jansen luchste Puyol die Kugel ab und steckte zu Michael Ballack durch. Der Kapitän versuchte es in der 62. Minute aus vollem Lauf, verpasste das Ziel aber um Haaresbreite.
Kurz darauf flankte Ballack den Ball von links in den Strafraum und der eingewechselte Kevin Kuranyi sprang Zentimeter am Leder vorbei. Im Anschluss an diese Möglichkeiten wurde das Spiel zum echten Herzschlagfinale mit Chancen auf beiden Seiten.
In der 82. Minute hätte Marcos Senna den Sack zumachen müssen. Der eingewechselte Daniel Güiza legte ihm wenige Meter vor dem Tor den Ball per Kopf in den Lauf, aber Senna brachte das Leder nicht im leeren Kasten unter. Die Sekunden verrannen und Deutschland schaffte es nicht mehr, sich mit Kraft gegen die gut gestaffelten Iberer zu behaupten.
Spieler des Spiels
Fernando Torres: Der Liverpool-Spieler hatte vor dem Spiel öffentlich davon geträumt, das "Goldene Tor" zu machen. Er hat es nun tatsächlich erzielt und hat damit seinen Platz in der spanischen Geschichte sicher.