Kultiviert, feinfühlig, ausgeglichen: Gerd Weinbauer muss man einfach gern haben. Doch ein trauriger Schicksalsschlag ereilt den Buchhändler und setzt seinem Leben ein viel zu frühes Ende.
Gerd Weinbauer wird am 22. September 1962 in Freiburg geboren. Nach dem Abitur beginnt er ein Germanistik-Studium, das er 1985 abbricht um als Buchhändler zu arbeiten. Ein Jahr später lernt der Literaturfan auf einer Jugoslawienreise den vier Jahre jüngeren Carsten Flöter kennen – und lieben.
Trotz aller Offenheit im Umgang mit seiner Homosexualität steht Gerd am 13. November 1986 eine unbequeme Begegnung bevor: Carsten hat ihn zum Antrittsbesuch bei seiner Mutter Elisabeth geladen, die nur unter großem Protest in ein gemeinsames Abendessen eingewilligt hatte.
Trotz Aufgebots all seines Charmes gerät der Abend für Gerd zum Spießrutenlauf. Weil Elisabeth die Homosexualität ihres Sohnes einfach nicht akzeptieren will, lässt sie gegen Gerd Spitzen fallen, wo sie nur kann (Folge 50).
Auch über das erste Treffen hinaus gestaltet sich eine Annäherung an Elisabeth für den gutmütigen Gerd schleppend. Besonders als Gerd im Januar 1987 zu Carsten in die Wohnung zieht, nerven ihn die forcierten Attacken seines „Schwiegermonsters“ – Elisabeth setzt alle Hebel in Bewegung, um Carstens sexuelles Interesse auf das weibliche Geschlecht zu lenken (Folge 59). Gerds Versuche, Carsten von seiner überpräsenten Mutter zu emanzipieren, zünden nicht recht.
Im Juni wagt Gerd erste Schritte in Richtung einer Bühnenkarriere – schon lange hegt er den Wunsch, sich schauspielerisch zu verwirklichen. Auch Carsten ist für die Idee Feuer und Flamme. Gemeinsam schreiben und inszenieren sie kleine Sketche, die sie zunächst nur im engsten Freundeskreis zum Besten geben.
Initialzündung für einen Ausbau des privaten Theatervergnügens ist ein Abendessen bei der älteren Nachbarin Lydia Nolte: Denn auch die anderen Gäste, Chris Barnsteg und Frank Dressler, begeistern sich für die Bühne, so dass man kurzerhand ein Laien-Ensemble gründet (Folge 85). Ein geeigneter Proberaum findet sich ebenfalls schnell: Die kleine Bühne des griechischen Lokals „Akropolis“ bietet der jungen Künstlergruppe Platz zum Üben.
Bald schon ist Gerd als Regisseur voll in seinem Element und steckt sein ganzes Herzblut in die Inszenierung des Klassikers „Orphée“. Außer der Regie übernimmt er auch noch eine Rolle in dem Stück. Schnell bringt ihn seine Leidenschaft in die Bredouille: Gerd hat Schwierigkeiten, den Job im Buchladen und die zeitaufwendigen Theaterproben unter einen Hut zu bringen.
Schon im September wird der Zusammenhalt der Theatergruppe einer ersten Prüfung unterzogen. Zwischen Carsten und Chris entwickelt sich ein spielerischer Flirt, den die beiden ungehemmt während der Proben ausleben. Eifersucht nagt an Gerd, und auch Chris’ Freund Frank ist das Getändel ein Dorn im Auge (Folge 94).
Zwar löst sich der Flirt bald in Wohlgefallen auf, doch die Krise hinterlässt unter den vier Schauspielern ihre Spuren. Die Premiere von „Orphée“ wird dennoch ein voller Erfolg: Die Truppe spielt vor ausverkauftem Haus und die Zuschauer sind begeistert (Folge 100).
Gerd ist glücklich, doch der Erfolg auf der Bühne überträgt sich nicht ins Private. Wenige Wochen nach der "Orphée"-Premiere quartiert sich Carstens ehemaliger Schulfreund Robert Engel in der Wohnung des Paares ein und zieht Carsten unübersehbar in seinen Bann. Insbesondere als Carsten sich eine ganze Nacht mit Robert um die Ohren schlägt, sieht Gerd seine Felle schwimmen. Für ihn ist offensichtlich, dass Carsten sich in den charismatischen Robert verliebt hat.
Derweil ist auch im Schauspielensemble die Stimmung auf dem Nullpunkt, denn seit der zweiten Aufführung bleiben die Zuschauer aus. Außerdem entwickeln die Mitglieder scheinbar unüberbrückbare künstlerische Differenzen. Am 03. Dezember 1987 bricht die Truppe ihr Spiel mitten im Stück ab und löst sich auf.
Noch am selben Tag steht für Gerd eine weitere Trennung auf dem Spielplan: Da Carsten sich den Umgang mit Robert nicht verbieten lässt und ihn auch weiterhin in der gemeinsamen Wohnung beherbergen will, packt Gerd kurzerhand seine Koffer (Folge 105). Der Kontakt zu Carsten reißt über Jahre ab...
Nahezu 20 Jahre später kehrt Gerd im März 2007 zu einer scheinbar harmlosen Stippvisite nach München zurück (Folge 1112). Anlass seiner Reise aus dem fernen Köln ist jedoch ein trauriger: Gerd ist unheilbar an einem Hirntumor erkrankt und hat nur noch wenig Zeit, sich von seinen Lieben zu verabschieden.
Beim Wiedersehen mit Carsten, der als Arzt mittlerweile eine Praxis in der Lindenstraße Nr. 7 führt, ist Gerd allerdings wie vor den Kopf gestoßen: Mit einer plumpen Anmache versucht der Ex ihn ins Bett zu locken. Erst als der Frisör Lotti den Wahlkölner über Carstens Tablettensucht aufklärt, kommt es zu einer – platonischen – Annäherung zwischen dem ehemaligen Liebespaar.
Die migräneartigen Krampfanfälle, die Gerd immer häufiger ohnmächtig werden lassen, haben ein erträgliches Limit längst überschritten. Die Erfolgsaussichten weiterer Therapien stehen gleich null und auch ein Sterbehospiz kommt für Gerd nicht in Frage. Er möchte das Ende seines Lebens selbst bestimmen und bittet Carsten, ihm beizustehen. Entsetzt lehnt der Mediziner ab, ist jedoch bereit, Gerd einen anderen Herzenswunsch zu erfüllen: Einen letzte gemeinsamen Tag in Saus und Braus - ohne Fragen, ohne Sorgen und ohne Probleme…
An einem sonnigen Apriltag brechen Gerd und Carsten im schicken Miet-Cabrio auf, um nach einer Rundtour durchs Münchener Hinterland den Abend bei teuerem Schampus und edlen Leckereien in einer mondänen Villa an einem See zu verbringen (Folge 1115). Bald kommt jedoch ans Licht, dass Gerd große Pläne geschmiedet hat: Er möchte den Tag mit einer tödlichen Dosis Medikamente ausklingen lassen.
Zunächst verlässt Carsten empört die Villa, besinnt sich dann aber und willigt in Gerds Bitte ein, ihm beim Sterben beizustehen. Der Buchhändler hat bereits alle Vorkehrungen getroffen: Tabletten und Wasser stehen bereit und ein tröstender Abschiedsbrief ist formuliert, damit nach seinem Tod kein Verdacht auf Carsten fallen kann.
Am Abend des 12. Aprils 2007 setzt Gerd Weinbauer im Beisein von Carsten seinem Leidensweg ein Ende und schluckt eine tödliche Dosis Pillen. Nachdem Gerd friedlich auf dem Sofa eingeschlafen ist, wünscht Carsten dem Freund unter Tränen eine gute Reise. Dann verlässt er die Villa am See.
Quelle : http://www.lindenstrasse.de/lindenstrass...ex?openframeset